09. Februar 2009

Tag eins der Pause nach dem letzten Buch. Wer´s in den vorherigen Einträgen überlesen hat: Ich habe mir fest vorgenommen, bis zur Arbeit an meinem zweiten Carlsen-Buch – circa ab dem Sommer – eine Pause einzulegen und keinen Roman zu schreiben. Das sind mehrere Monate, und wie sich das gestalten wird, weiß ich selbst noch nicht. Als ich Bernhard Hennen letzte Woche davon erzählt habe, hat er mich ausgelacht und gemeint, allein die Tatsache, dass ich hier im Journal über den gesamten Zeitraum Buch führen wolle, beweise ja schon, dass ich´s nicht lassen könne. Warten wir´s ab.

Nach dem Frühstück erst einmal eine Ausgabe von Tim Lucas´ Filmmagazin “Video Watchdog“ gelesen, besonders diverse Kritiken zu italienischen Horrorfilmen der 70er und 80er Jahre. Anschließend eine kurze Dokumentation über italienische Gialli
gesehen – ein Extra auf einer amerikanischen DVD von Luciano Ercolis „Death walks at midnight“ (wobei ich bemerkt habe, dass ich den Film gleich dreimal als DVD im Regal stehen habe ...). Das wiederum erinnerte mich daran, dass ich lange keinen Dario-Argento-Film mehr gesehen hatte. „Vier Fliegen auf grauem Samt“ ist der einzige, den ich meines Wissens nie komplett gesehen hatte (auch nicht vor zwanzig Jahren, als ich diverse Artikel über Argento geschrieben habe). Jetzt weiß ich auch warum (und ich hab´s wieder nicht geschafft ohne Schnellvorlauf): Argento, dem immer nachgesagt wird, seine frühen Filme seien viel besser als die neuen, hat auch damals schon schwächere Sachen abgeliefert, speziell „Die neunschwänzige Katze“ und, das weiß ich jetzt, „Vier Fliegen auf grauem Samt“.
Eigentlich hätte ich danach noch mal Argentos „Inferno“ oder „Suspiria“ gucken müssen, habe mich aber stattdessen für Jess Francos „Vampyros Lesbos“ von 1970 entschieden. Hatte ich ebenfalls noch nie ganz gesehen, obwohl mein Freund Peter Blumenstock 1993 ein Buch über Franco geschrieben („Obsession – The Films of Jess Franco“) und den „Vampyros Lesbos“-Soundtrack Mitte der Neunziger erfolgreich auf CD veröffentlicht hatte; im DVD-Booklet habe ich eben gelesen, dass es die CD im Zuge der Easy-Listening-Welle in England auf Platz 10 der Album-Charts geschafft hat.
Der Film selbst ist toll, aber eigenwillig. Mehr Siebziger geht nicht, mit allem Drum und Dran. Soledad Miranda – und jetzt wird´s sehr speziell – wäre für mich nach wie vor die Idealbesetzung für Coco Zamis gewesen. Tragischerweise ist sie kurz vor ihrem großen Durchbruch - ein Zwei-Jahres-Vertrag bei Produzent Artur Brauner - mit 27 Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen.
Habe deshalb beschlossen, gleich noch mehr Jess Franco hinterher zu schieben. Der hübsch betitelte „Sie tötete in Ekstase“ hat dabei nicht nur Soledad Miranda aufzuweisen, sondern auch noch Horst Tappert, der drei Jahre vor „Derrick“ schon einen Kommissar im grauen Trenchcoat spielen durfte. Insgesamt ein wenig langweiliger als „Vampyros Lesbos“, da allzu absehbar, aber die sonderbare 70erJahre-Südeuropa-Mittelmeer-Sleaze-Atmosphäre entschädigt dafür. Franco hat unglaubliche Mengen von Trash produziert, aber einige seiner Filme - und dazu gehören die beiden genannten - verraten eine eigenwillige künstlerische Handschrift.
Und für diejenigen, die nun überhaupt nicht wissen, von was ich rede, gibt es hier ein vierminütiges, nicht immer jugendfreies Special über Jess Franco, anlässlich der diesjährigen Goya-Verleihung für sein Lebenswerk. Der Goya ist der spanische Oscar, und dass Franco ihn bekommen hat, ist fantastisch und unglaublich – übertragen auf Deutschland wäre das so, als hätte man dem guten alten "Doktor Morton" posthum den Büchnerpreis verliehen.