10. März 2008

Ich weiß ja, ich wiederhole mich in meinem Enthusiasmus für Hörspiele - aber die ersten vier Folgen der ALCHIMISTIN, die ich mir in den vergangenen Tagen als Vorabversionen angehört habe, werden dem Roman nicht nur gerecht, sondern legen stellenweise wirklich noch eines drauf. Ich habe DIE ALCHIMISTIN und vor allem die Hauptfigur, Aura Institoris, immer für äußerst melancholisch gehalten (was ein Grund für die Beliebtheit des Romans in der Gothic-Szene sein könnte), hatte aber oft das Gefühl, dass viele Mainstream-Leser diese Sicht nicht unbedingt geteilt haben. Das war einer der Gründe, warum sie in der Fortsetzung DIE UNSTERBLICHE noch einsamer, nachdenklicher, anfangs tieftraurig gezeichnet ist. Yara Blümel, die die Aura im Hörspiel spielt, kommt vom Theater und hat den Charakter eins zu eins erfasst. Sie spricht Aura nicht einfach (wie das manchmal reinen Synchronsprechern im Hörspiel passiert), sondern scheint die Rolle wirklich zu durchleben - laut Simon hat man das auch während der Aufnahmen gespürt. Durch die fast sechs Stunden zieht sich eine wunderschöne "Grundtraurigkeit" (in Ermangelung eines besseren Begriffs), und das betont einen Teil der Geschichte, der im Roman womöglich dann und wann im Donner der Abenteuerelemente untergegangen ist. Ich habe manches Mal erwähnt, dass ich DIE UNSTERBLICHE immer lieber mochte als DIE ALCHIMISTIN, und das hatte gar nichts mit dem Plot zu tun, sondern nur mit Aura: Ihre Melancholie tritt in der Fortsetzung weit stärker zu Tage. Im Hörspiel aber ist sie nun auch im ersten Teil ganz klar herausgearbeitet, und wenn ich die letzten Sätze von Folge vier höre ("All die Sterne, dachte ich. Ich glaube, sie reden gerade über uns."), bekomme ich auch beim dritten und vierten Mal noch eine echte Gänsehaut. Das passiert einem Autor bei den eigenen Sachen nicht zwangsläufig und ist nur einer der ziemlich emotionalen Momente, die ich bei dem Hörspiel hatte.
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Um gleich beim Thema zu bleiben: Andreas Fröhlich hat letzte Woche das Hörbuch zu DSCHINNLAND, dem ersten Band der STURMKÖNIGE-Trilogie, eingelesen. Es erscheint parallel zum Roman im August auf sechs CDs. Am Telefon, kurz vor den Aufnahmen, hat Andreas mir einige Dinge zum Roman gesagt, die treffsicher in ein paar Sätzen zusammengefasst haben, was mir an dem Buch wichtig ist. Manchmal wird so etwas in der Branche unterschätzt: Ein Hörbuchsprecher sollte das Buch nicht einfach vorlesen, sondern interpretieren. Dazu gehört die Auseinandersetzung mit dem Text, und Andreas kennt meine Bücher - und mich - mittlerweile gut genug, um auch die Details zu bewerten und in einen Zusammenhang zu setzen. Und auf Anhieb fällt mir sonst niemand ein, der sofort den Einfluss von Andrei Tarkovskys "Stalker" bemerkt hätte.