Dass Mišel Matičević für seine Hauptrolle im GELÜBDE und zwei weiteren Filmen den Deutschen Fernsehpreis gewonnen hat, freut mich nicht nur, weil es eine Verfilmung meines Romans ist - es freut mich ganz ehrlich auch für ihn, der viel zu lange auf Verbrecherrollen festgelegt war und trotz Hauptrollen in Prestigereihen wie "Blackout" und verschiedenen hochgelobten Fernsehfilmen bislang nie zu allgemeiner Bekanntheit gelangt ist. Womöglich ändert sich das jetzt. Wie ich ihn einschätze, ist Prominenz keines seiner vorrangigsten Ziele, aber verdient hat er sie allemal.
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Und dann Herr Reich-Ranicki ... Das Peinlichste an seinem Auftritt war nicht die Tatsache, dass da ein 88jähriger auf die Bühne geschoben wurde, der seine Chance genutzt hat, es noch mal allen zu zeigen - das kennt man von griesgrämigen Rentnern, die am Fenster sitzen und Falschparker aufschreiben. Auch nicht die Tatsache, dass er damit lediglich Arroganz, Sturheit und vermutlich auch eine Portion Altersverwirrung gezeigt hat (um so deutlicher, da er seine maßlose Überheblichkeit nicht mehr durch scharfen Intellekt kaschieren konnte). Das wirklich, wirklich Schlimme sind vielmehr die Reaktionen heute morgen in den Medien. Dass Elke Heidenreich verkündet, wie recht er habe, und überhaupt sei sie ja nur "aus Sympathie zu ihm" zur Gala erschienen; dass alle Kritiker ins Horn eines verbohrten Greises blasen und mal wieder das Fernsehen verdammen und ein besseres Programm fordern; dass sich die verwunderte bis verbissene Standing Ovation des Publikums bei Reich-Ranickis Bühnenabgang heute früh allen Ernstes auf Journalisten und andere Medienleute ausdehnt, mit dem Unterschied, dass die es ernst meinen (die Gesichter im Publikum sagten da ja etwas ganz anderes). Sicher, man mag alle Jahre wieder über das Programm schimpfen, sich wundern, dass Unfug wie RTLs "Jagd nach dem Schatz der Nibelungen" nominiert und "Deutschland sucht den Superstar" tatsächlich ausgezeichnet wurden. Aber vor einem Auftritt den Demutsknicks zu machen, der nichts anders war als pure Unhöflichkeit und Bösartigkeit, ist entlarvend opportunistisch. All das kindische "Ich auch, ich auch!"-Geschrei, das heute durch die Presse gellt, hat dieselbe Ursache wie so viel Schlechtes im Fernsehprogramm: Schnell auf den Zug aufspringen und nicht erkennen, dass er mal wieder in die falsche Richtung fährt.