15. Juli 2007
Nachdem 2001 die ersten Gespräche über eine mögliche Verfilmung von DAS GELÜBDE stattgefunden hatten, war mir naturgemäß nicht ganz klar, was ich zu erwarten hatte. Natürlich wusste ich, wer den Film machen wollte, und war deshalb guter Dinge. Dann zogen sich die Vorbereitungen - Drehbuch und Finanzierung - über Jahre hinweg, und aus Erfahrung wusste ich, dass das meist bedeutet, dass der Film nicht zustande kommen wird. Etwa im zweiten Jahr bekam ich ein ausfühliches Exposé, das nah am Roman war, die Figur des Brenatno aber noch dunkler und kaputter anlegte als das Buch. Ich dachte: Warum nicht? Schließlich, 2005, erhielt ich ein Drehbuch, das mit diesem Exposé nichts mehr zu tun hatte und in eine gänzlich andere Richtung ging: Nach wie vor der Roman, aber ein ruhigerer, fast bedächtiger Brentano, bereits zu Beginn der Geschichte ein gläubiger Katholik, der seinen Tagen als Wüstling abgeschworen hat. Und wieder: Warum nicht? Dann wurden die Dreharbeiten ein ums andere Mal verschoben, und einmal mehr sah ich kommen, dass der Film nie gedreht werden würde. Bis offiziell das grüne Licht kam. Alles weitere ist nicht lange her und kann hier im Journal nachgelesen werden: Besuche bei den Dreharbeiten und, parallel dazu, erneute und genauere Lektüre des Drehbuchs. Diesmal war ich extrem angetan, vor allem auch von den Änderungen und Ergänzungen.
Jetzt habe ich den Film gesehen. Ähem, dreimal an einem Tag.
Und alles ist gut. Eins zu eins eine Umsetzung des Drehbuchs und zu zwei Dritteln eigentlich auch der Roman - mit einem neuen Mittelteil, in dem Brentano Dülmen und Anna für eine Weile verlässt, nach Berlin zu seiner Schwester Bettina von Arnim reist und anschließend ins Münsterland zurückkehrt, wo dann der Rest der Romanhandlung seinen Lauf nimmt (einschließlich der Begegnung mit der zweiten, "anderen" Anna oben im Glockenturm). Die Ergänzungen, vor allem die Begegnung mit Bettina, dienen dazu, die Hauptfigur komplexer und runder zu machen, was ganz fantastisch gelungen ist; außerdem geben sie dem Zuschauer ein wenig Luft nach all dem religiösen Fanatismus in Dülmen, der rund um die Figur der Anna explodiert. Das historische Setting ist durchweg glaubwürdig, man hat nie das Gefühl, Kulissen und Kostüme zu sehen - am besten zu vergleichen mit diversen britischen Historienfilmen, denen das auch meist besser gelingt als Hollywoodproduktionen. Und ich kann gar nicht genug Gutes über die beiden Hauptdarsteller sagen: Misel Maticevic und Tanja Schleiff haben einige der komliziertesten und längsten Dialoge, die ich seit geraumer Zeit in einem vergleichbaren Film gesehen habe, und ich hatte nicht ein einziges Mal das Gefühl, dass einer von beiden spielt. Für beide dürfte das ein Karriereschritt sein, vor allem für Maticevic, der ja zuvor gern in Verbrecherrollen gecastet wurde und hier zeigen kann, was für ein Sprachvirtuose er ist. Als ich einige seiner Dialoge im Drehbuch gelesen habe - lang, komplex, oft sehr literarisch -, habe ich die Stirn gerunzelt und mich gefragt, ob das irgendwer glaubwürdig rüberbringen kann. Zweifel zerstreut. Er kann´s. Und wie.
DAS GELÜBDE ist zweifellos kein Film für jedermann. Er ist sehr ruhig, es wird viel geredet, die Figuren kämpfen mit Glaubenskrisen und geheime Leidenschaften. Was ein breites Publikum um 20.15 Uhr in der ARD davon halten wird (irgendwann 2008), weiß ich nicht. Aber ich hätte mir keine schönere Verfilmung wünschen können.